Die Vorfälligkeitsentschädigung ist das Entgelt, das ein Darlehensgeber für die ihm entgehenden Zins- und Margenerträge verlangen kann, wenn ein Darlehen während der laufenden Sollzinsbindung außerplanmäßig zurückgezahlt wird. Ihre Höhe und Berechnung sind vor allem durch Entscheidungen des Bundesgerichtshofs (BGH) konkretisiert worden. Eine vorzeitige Ablösung muss der Darlehensgeber – sofern sie nicht ausdrücklich im Vertrag vereinbart ist – nur akzeptieren, wenn ein gesetzlicher oder vertraglicher Kündigungsgrund vorliegt, z. B. der Verkauf der finanzierten Immobilie.
Der Darlehensgeber darf eine Vorfälligkeitsentschädigung fordern,
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wenn das Darlehen vor Ablauf von zehn Jahren ab vollständiger Auszahlung aus berechtigtem Interesse (§ 490 Abs. 2 BGB) von der Darlehensnehmer-Seite gekündigt wird,
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wenn er selbst aus wichtigem Grund kündigt (z. B. Zahlungsverzug),
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nicht dagegen, wenn der Darlehensnehmer nach Ablauf von zehn Jahren mit sechsmontiger Frist gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB kündigt; in diesem Fall entfällt die Entschädigung.
Rechtsprechungsgrundlagen
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BGH XI ZR 267/96 (1. 7. 1997): Einführung der Aktiv-Passiv-Methode.
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BGH XI ZR 27/00 (7. 11. 2000): Präzisierung
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Verwendung laufzeitkongruenter Hypothekenpfandbriefrenditen,
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Wiederanlage über die Restzinsbindung,
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Berücksichtigung des konkreten Tilgungsplans.
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BGH XI ZR 285/03 (30. 11. 2004): Verbot der PEX-Renditen.
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BGH XI ZR 320/20 (29. 6. 2021) und XI ZR 22/24 (20. 5. 2025): Ein Anspruch auf Vorfälligkeitsentschädigung entfällt vollständig, wenn der Vertrag die Berechnungsparameter nicht klar, prägnant und verständlich wiedergibt (§ 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB).
Gesetzliche Obergrenzen
Das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie verankerte 2010 den heutigen § 502 BGB. Für allgemeine Verbraucherdarlehen (ohne Grundpfandrechte) gilt seither:
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maximal 1 % der vorzeitig zurückgezahlten Restschuld,
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maximal 0,5 %, wenn die Restlaufzeit unter zwölf Monaten liegt,
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in jedem Fall höchstens die Sollzinsen, die bis zum vereinbarten Laufzeitende angefallen wären.
Diese Deckelung gilt nicht für grundpfandrechtlich besicherte Immobiliar-Verbraucherdarlehen. Hier entscheidet die Transparenz der Vertragsklausel: ist sie unverständlich, erlischt der Anspruch vollständig (siehe Urteile 2021 und 2025).
Eine zu hohe oder rechtswidrige Entschädigung kann innerhalb von drei Jahren ab Jahresende des Zahlungsjahrs zurückgefordert werden.